Samstag, 14. Juli 2012

Ein Plädoyer für das Weiche und die Liebe





Victor und Victoria Trimondi

HITLER, BUDDHA, KRISHNA
Eine unheilige Allianz vom Dritten Reich bis heute
Wien: Ueberreuter, 2002, 640 S.
EUR 29.90

www.trimondi.de



Eine Rezension von Peter Nesselstein


Der Faschismus stützt diejenige Religiosität, die aus der sexuellen Perversion stammt, und er verwandelt den masochistischen Charakter der Leidensreligion des alten Patriarchats in eine sadistische Religion. Demzufolge versetzt er die Religion aus dem Jenseitsbereiche der Leidensphilosophie in das Diesseits des sadistischen Mordens.
Wilhelm Reich:
Die Massenpsychologie des Faschismus, Fischer TB, S. 14f



1999 haben die Trimondis in Der Schatten des Dalai Lama ihre Abrechnung mit dem Buddhismus und der westlichen Buddhismusbegeisterung vorgelegt. Dieses Buch über "Sexualität, Magie und Politik im tibetischen Buddhismus" ist für jeden lesenswert, der sich für Massenpsychologie, Sexualökonomie und die Saharasia-Theorie interessiert. Zum Thema siehe auch meinen Aufsatz Die Massenpsychologie des Buddhismus.

Buddhismus, insbesondere in seiner lamaistischen Version, ist trendy und hip. Zum Beispiel wird die aktuelle Mythenwelt Hollywoods (und auch die Independent-Filme) von coolen, emotionslosen, eiskalten Helden dominiert, die wie Samurai und "Shambhala-Krieger" auftreten. In einer mit ORANUR verpesteten, dunstigen Mischwelt aus High Tech einerseits und Mythen und Magie andererseits leben sie die Tugenden buddhistischer "Ich-Losigkeit" vor (Hitler, Buddha, Krishna, S. 531f). Menschen, die auf diese Weise den Buddhismus leben, agieren ganz bewusst in einer Scheinwelt, in der es keine Wahrheit (= Kontakt mit der Wirklichkeit) gibt, - so daß die Aufklärungsarbeit des hier zu besprechenden Buches sich buchstäblich in "der Leere" verlieren wird.

"Wahrheit ist nur relativ." Gemäß buddhistischer Philosophie ist jede vermeintliche Wirklichkeit eine bloße Illusion, die sich der Geist im Wahn, ein Ego zu sein, selbst vorspiegelt. In einer solchen Weltsicht wird unversehens die mythische Traumwelt, etwa "Shambhala", zu einer Welt, die die gleiche Realität beanspruchen kann, wie unsere Alltagswelt (S. 524). Auf diese Weise verliert der Mensch die Orientierung in einem psychotischen Nebel. Wir haben es mit einem Weltempfinden zu tun, das perfekt in die virtuelle Cyberwelt der Postmoderne passt.

Da eine solche unwirkliche Weltsicht immer mit Sadismus einher geht (denn nur Gewalt beschert noch so etwas wie lebendiges Empfinden), ist es kein Zufall, dass, unlösbar verbunden mit der "neuen Spiritualität", eine faschistische Kriegerideologie in das kollektive Bewusstsein des Westens Einzug hält. Hier liegt eine gezielte geistige Vorbereitung eines neuen nationalsozialistischen Experiments im 21. Jahrhundert vor (S. 533). Dazu gehört, neben dem Leugnen jeder vom eigenen Bewusstsein unabhängigen objektiven Realität, die komplette Emotionslosigkeit, die Opferung des eigenen Ich für die Sache, eine vollständige Unterwerfung unter den Führer (Guru), der Yogi als Krieger bzw. der Krieger als Yogi (der "Samurai" der japanischen Zen-Kultur), die Transformation von Sexualität in "Spiritualität" und Macht, ein rassistisch geprägtes Kastensystem (helle Lichtwesen gegen dunkle Tiermenschen), kurz die Essenz der SS-Ideologie.

Es geht um die Umformung lebendiger Wesen in bloße Gefäße für "Archetypen", "Götter" und andere Euphemismen für das patriarchalische Über-Ich. Eine Disziplin, in die sich gegenwärtig zig-Tausende Adepten "östlicher Weisheitslehren" (Meditation, Tantra, Yoga, Zen) einfügen. Eine systematische Faschisierung, die vollkommen unbeachtet bleibt. Es geht um die allgemeine "Yoga-Kultur": das "Höhere" spannt das Lebendige unters Joch (= Yoga).

Zeigten die Trimondis in Der Schatten des Dalai Lama, wie sich hinter einer angeblich "friedliebenden", "humanistischen" und "emanzipatorisch-spirituellen" Glaubenslehre eine totalitäre, faschistische, kriegerische, menschenverachtende Ideologie verbirgt (eine "Buddhokratie" auf der Grundlage des nicht nur frauenverachtenden, sondern frauenzerstörenden Tantrismus), wird nun in Hitler, Buddha, Krishna deutlich, dass umgekehrt im Nationalsozialismus (teilweise auch im italienischen Faschismus) eine Denkweise zum Tragen kommt, die nicht nur mit dem Buddhismus (man denke nur an den "Zen-Faschismus" Japans oder den faschistischen "Shambhala-Mythos" des Kalachakra Tantra) und dem Hinduismus (insbesondere in seinem zentralen Text, dem "Gesang Krishnas", der Bhagavadgita) kompatibel ist, sondern ganz bewusst aus dieser "indo-arischen" Tradition schöpfte.

Tatsächlich war der Nationalsozialismus in seiner konsequentesten Ausprägung, d.h. im "Ahnenerbe" der SS, nichts anderes als "Buddho-Faschismus" und zwar auf der Grundlage des, wie gesagt, nicht nur frauenverachtenden, sondern frauenzerstörenden Tantrismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging dieses Denken nahtlos in die heutige NS-Esoterik der "Schwarzen Sonne" und insbesondere in den "esoterischen Hitlerismus" ein, der, so die Trimondis, "eher wie eine indische Lehre, welche die Nazi-Ideologie integriert, erscheint als umgekehrt wie eine Nazi-Lehre, die indische Religionsvorlagen benutzt" (S. 431f).

Was speziell das Verhältnis zum Lamaismus betrifft weisen die Trimondis auf die "tiefe innere Affinität zwischen zwei Kulturentwürfen [hin], deren Repräsentanten sich magnetisch anzuziehen scheinen. Es sind, wie es Miguel Serrano [der Begründer des sexual-magischen, tantrischen "esoterischen Hitlerismus"] ausgedrückt hat, die 'Archetypen' und die 'Gottheiten', die hinter dem Dalai Lama und dem Kalachakra-Tantra wirken, die sich den 'Archetypen' und den 'Gottheiten' des religiösen Faschismus sehr annähern und die bisweilen von den Nazi-Visionären als deckungsgleich angesehen werden. Die beiden Systeme lassen sich ohne weiteres miteinander kombinieren" (S. 519).

Das gleiche trifft auf die hinduistische Bhagavadgita zu, deren Kernaussage die Quintessenz jeder faschistischen Ideologie ist. Der Held Arjuna, der in einem dynastischen Kampf gegen seine eigene Familie antreten muß, ist hin- und hergerissen zwischen seinen weichen Emotionen und seinem natürlichen Mitgefühl auf der einen Seite und den geoffenbarten harten Gesellschaftsregeln auf der anderen. Sein "höheres Selbst", Gott Krishna, gemahnt ihn, seine metaphysische Pflicht zu tun (S. 83). Dazu paßt der folgende Gesang aus der SS-Hauszeitschrift Das Schwarze Korps von 1941: "Das Schädelzeichen an der Mütze sagt dir, wie wenig das Leben bedeutet. Mahnt dich, bereit zu sein zu jeder Stunde" (S. 152). Das einzige, was zählt, ist die Pflicht. Diese Art von egolosen, spirituellen, "kantischen" Handeln fordert Krishna in seiner Ermahnung des Helden Arjuna: "Mit dem Werke hast du es zu tun, niemals mit der Frucht der Werke. Sei keiner von denen, die um des Nutzens willen handeln" (S. 86). Das bezeichnet man als "Karma-Yoga".

Die japanische Ausprägung dieser Form des Yoga wird z.B. von der Zen-Ikone Daisetz Teitaro Suzuki propagiert: "Ein Samurai hat keine Seele, sondern das Schwert ist die Seele des Samurai". Mit seinem "Schwert-Zen" präsentiert Suzuki, den Trimondis zufolge, "eine Weltanschauung, die diese Waffe zum Drehpunkt allen Seins werden läßt. Richtet sie sich gegen die äußeren Feinde, dann wird sie als das 'Schwert des Todes' bezeichnet. Richtet sie sich gegen die eigenen Verfehlungen wie Haß, Zorn und Torheit, dann heißt sie das 'Schwert des Lebens'. Das Schwert steigert sich am Ende zu einem Übersymbol der im buddhistischen Denken immer wieder auftretenden Dialektik doppelter Negation. Als 'absolutes Schwert' zerschneidet es die Zweiheit, trennt es die Trennung, tötet es den Tod. In der Überwindung aller Gegensätze wird es selbst zum Buddha Vairochana" (S. 198).

Ähnlich wie Suzukis Zen kennt auch der vom Dalai Lama vertretene Kalachakra-Tantra die Einheit von innerem ("großen") und äußerem ("kleinen) "Djihad"; den Krieg gegen die Triebe, gegen das Leben (S. 479). Der "Buddho-Faschist" Julius Evola (der Ideologe des italienischen Faschismus auf den Karlfried Dürckheims "Initiatische Therapie" bzw. "Existenzpsychologie" zurückgeht) weist darauf hin, daß bereits die frühen Texte des Buddhismus von Metaphern des Krieges durchsetzt sind, die den Erleuchtungsweg beschreiben sollen. Schließlich war Buddha von Geburt Mitglied der Kriegerkaste, der "Kshatriyas". Der buddhistische Asket, heißt es in seinen Lehrreden, sei "ein Held, ein Sieger in der Schlacht", seinen "höchsten Triumph" erlebe er in der Schlacht (S. 245). Die Trimondis stimmen Evolas Analyse zu: "An den frühen Reden des Buddha fällt (...) auf, daß dort zahlreiche militärische Bilder wie 'Sieger', 'Löwe' und 'Schlachtenfeld' benutzt werden, um die spirituelle Entwicklung eines Initianten zu beschreiben" (S. 618[262]).

Dieser spirituelle Sadismus manifestiert sich auch, wenn Dürckheim und Evola die "initiatische Bewußtseinsöffnung (Satori)" des Zen mit der bewussten Todes-Konfrontation verknüpfen (S. 212). Für Evola ist der Krieg das große "Initiationsereignis" schlechthin. In seinem, wie die Trimondis es treffend nennen, "sado-mystischen" tantrischen Diskurs gelangt Evola zu einer "Metaphysik des Sexus", in dem sadistische Handlungen sakralisiert werden. In der Bhagavadgita werde gesagt, schreibt Evola, "dass die Gottheit in ihrer höchsten Form nur das Unendliche sein kann; das Unendliche kann aber nur die Krise, die Zerstörung, das Zerbrechen all dessen bedeuten, was endlichen, bedingten, sterblichen Charakter hat. (...) In dieser Beziehung wird von der Zeit (die als die Kraft, welche verändert und zerstört, verstanden wird) gesagt, dass sie in gewisser Weise diesen Aspekt der Gottheit als Transzendenz verkörpert. Die Folge ist daher, daß gerade in den Augenblicken jeder zerstörenden Krise die höchste Wirklichkeit, die furchterregende Größe aufblitzen kann, die über jede Erscheinungsform hinausgeht. (...) In seinem heldischen Aufschwung, der auf das eigene Leben und das Leben anderer keine Rücksicht nehmen darf und der Zeugnis ablegen wird von der Treue zur eigenen Natur dessen, der in der Kriegerkaste geboren ist, soll Arjuna die grandiose und furchterregende Potenz der Transzendenz selbst widerspiegeln, die alles zerschlägt und mitreißt und die die absolute Befreiung erahnen lässt" (S. 245f). Und an anderer Stelle gleichfalls in Zusammenhang mit der Bhagavadgita: "Der Krieger wird mit der transzendenten Zerstörungskraft eins, er nimmt sie in sich auf, verwandelt sich in ihr und befreit sich, indem er die Fesseln des Menschlichen zerbricht" (S. 233).

Evola gilt als "Herbert Marcuse der Rechten". In diesem Zusammenhang ist seine extrem frauenfeindliche faschistische Sexualtheorie, die auf buddhistisch-hinduistischen Vorstellungen basiert, von besonderem Interesse. War Marcuse, als Prophet der polymorph-perversen Sexualität, der "linke Anti-Reich", ist Evola der mystisch-sadistische "rechte Anti-Reich". Die Parallelen zu Reich stechen wirklich ins Auge: fast gleichaltrig (Evola wurde 1898 geboren), ähnlicher sozialer Hintergrund, die Kriegserfahrung, beide wurden, wie viele ihrer Generation, von Nietzsche, Stirner und Otto Weininger beeinflußt und beide beschäftigten sich mit "Sexualökonomie". 1926 (also ein Jahr vor der Veröffentlichung von Die Funktion des Orgasmus) erschien Evolas L'uomo come potenza (Der Machtmensch), in dem es, sozusagen als Negativ zu Reichs Orgasmustheorie ("Hingabe"), im Sinne des sexualmagischen Tantrismus um die alchimistische Umwandlung von Sexualität in Macht ging; im Grunde um nichts anderes als um Vergewaltigung und Frauenmord.

1928 (zeitgleich mit Reich) wendet sich Evola der Politik zu, wenn auch im anderen politischen Lager und, getreu seiner Machtphilosophie, mit einem entgegen gesetzten Impetus: Evola fordert eine "kriegerisch geordnete politische Hierarchie". Ein Jahr nach Reichs Massenpsychologie des Faschismus (die gegen die "alte Welt" geschrieben ist, die sich gegen den gesellschaftlichen Fortschritt sperrt - Reich spricht von "der Schere") erschien 1934 Evolas Rivolta contro il mondo moderno (Revolte gegen die moderne Welt), wo er für einen Führerstaat plädiert, der von einer aristokratischen Kriegerkaste getragen wird. Wie bei Alfred Rosenberg, mit dem sich Reich in der Massenpsychologie eingehend beschäftigt, steht auch bei Evola der patriarchalen, sonnenhaften, himmlischen Welt der Herrenmenschen die matriarchale, lunare und unterirdische Welt der chtonischen Untermenschen gegenüber.

Evola sieht sich, ähnlich wie Rosenberg, als arischer Gralsritter, der gegen Freimaurer, Juden und andere Vertreter des "Anti-Grals" streitet. Die Trimondis schreiben dazu: "In der letzten Instanz aber verbirgt sich hinter den okkulten Mächten des Anti-Grals, wie könnte es bei Evola anders sein, als das mysterium occultissimum der Abgrund alles Weiblichen. Es ist die Dame Orgelluse (oder Kundry), die Personifikation des luziferischen Stolzes, gegen die die Ritter des Heiligen Grals letztendlich antreten müssen, aber in diesem Fall nicht mit dem 'Schwert', sondern durch 'Enthaltsamkeit'. Erst die Askese gegenüber den Verführungen des Weibes gebe dem neuen Gralskönig die Kraft, seinen 'ritterlichen Kampf' in den 'großen heiligen Krieg' zu transformieren. 'Der Sinn dieser Übung ist es, eine reine Kraft zu verwirklichen, eine spirituelle Männlichkeit, die kriegerische Eigenschaft auf einer olympischen, königlichen, solaren Ebene, auf einer Ebene, aus der jegliche chaotische Kraft verbannt ist'" (S. 262f).

Evolas drei "Mantren" aus L'uomo come potenza lauten: "Ich habe den Willen!", "Ich bin Macht!" und "Ich kann alles, was ich will!" (S. 251). Es gibt eine schöne Stelle in Peter Reichs Erinnerungen an seinen Vater, die den ganzen Unterschied zwischen dem "weichleibigen" Reich und dem "virilen Heroismus" eines hartleibigen faschistischen Kämpfers wie Evola schlaglichtartig beleuchtet. An der besagten Stelle spricht Reich zu seinem Sohn Peter über die gepanzerten Kshatriyas: "Und die Art, wie sie etwas leisten oder durchsetzen, ist ebenfalls hartleibig. Erinnerst du dich an den Film mit John Wayne, in dem er stürzt und zum Krüppel wird? (...) Du weißt, als er im Bett saß, auf das Ende seines Gipsverbandes schaute und seine Zehen beobachtete, beschloss er, wieder gehen zu lernen. Und er sagte immer wieder zu sich: 'Ich muss diesen Zeh bewegen. Ich muss diesen Zeh bewegen.' Schau, das ist die starre, die verkrampfte Art, Dinge zu überwinden. (...) Hindernisse und Behinderungen in dieser Weise zu überwinden, durch Gewalt, durch sogenannte Willenskraft (...) das ist die starre, verkrampfte, mechanistische Art, Leistungen zu vollbringen. Er musste sich so anspannen und verhärten, sich selbst mit aller Gewalt dazu zwingen, wieder gehen zu lernen, dass er darüber vergaß, wie man liebt und freundlich ist. (...) Am besten ist es, einfach zu atmen, sich zu entspannen und es auf natürliche Weise kommen zu lassen. Erzwinge nie etwas, laß es einfach auf natürliche Weise eintreten, dann ist es immer okay" (Peter Reich: Der Traumvater, München 1975, S. 28f).

Dieser denkbar radikale Gegensatz zwischen Reich und Evola charakterisiert den gesamten Inhalt von Hitler, Buddha, Krishna. Da wäre z.B. das Problem der Leibfeindlichkeit und Enthaltsamkeit im angeblich "arisch" geprägten ursprünglichen Buddhismus. Jakob Wilhelm Hauer, bedeutender Indologe und unter den Nazis Haupt der "Deutschen Glaubensbewegung", behauptete, dieses doch die eigene "Rasse" schädigende Verhalten sei eine Reaktion auf die angeblich zu Buddhas Zeiten einsetzende "Rassenvermischung" zwischen den arischen Eindringlingen und den indischen Ureinwohnern - denn, so Hauer, "das orientalide Blut, das hier dem nordischen begegnete, steigt zu höchsten Wellen der Sinnlichkeit" (S. 557[42]). Als Damm gegen diese alles zersetzende Verweichlichung pries Hauer den Yoga an. Er spricht dabei vollkommen korrekt von "Entlüstung" (S. 82). Ein Yogi, der getreu dem "Karma-Yoga" der Bhagavadgita auch ein Soldat sein kann, ist für Hauer, so seine fachgerechte Übersetzung, ein "Angejochter" (S. 84).

Erst in Zusammenhang mit dem "züchtigen" Kastensystem Indiens und (in abgewandelter Form) Tibets wird der "saharasische" Kerngehalt der nazistischen "Rassentheorie" deutlich. Wenn etwa ein Mitglied der tibetisch-stämmigen kriegerischen Oberschicht Sikkims von Ernst Schäfer, Leiter der berühmten SS-Tibetexpedition, wie folgt zitiert wird: "Aber die herrschende Klasse sind wir, die Bhutia Kazis, der Stammesadel von tibetischer Herkunft. Unsere Vorfahren kamen von Tibet und haben Sikkim erobert. Wir haben den Buddhismus gebracht und haben dem Land die Kultur geschenkt. (...) Wir heiraten nur unter uns und verabscheuen die Mischung mit anderen Rassenelementen (...). Wir mögen zwar an der Zahl gering sein, aber die Macht als Landesherren und der Stolz, Kulturträger zu sein, das ist unser Vorrecht." Der tibetischen "Edelrasse" stehen die Ureinwohner Sikkims (die Leptchas) gegenüber: "Was die Leptchas betrifft, die sind nicht zum Führen geboren. Sie sind zwar gute Untertanen, bescheiden, fleißig und anpassungsfähig, aber sie sind keine Kämpfer, sie weichen allen Gefahren aus" (S. 145).

Besonders interessant ist der durch Erich Fromms Buch Anatomie der menschlichen Destruktivität inspirierte Abschnitt "Nekrophilie bei der SS und im Lamaismus - ein Kulturvergleich" (S. 149-155), der wie eine Illustration zu Reichs und insbesondere Edens (vgl. Die kosmische Revolution) Ausführungen über DOR wirkt. Vermutlich hat Fromm hier, wie in so vielen anderen Fällen auch, bei Reich abgeschrieben. Wie dem auch sei: Nekrophile sind Menschen, deren Perversion darauf abzielt, schreibt Fromm, "alles Lebende in tote Materie zu verwandeln; sie wollen alles und jeden zerstören, oft sogar sich selbst; ihr Feind ist das Leben selbst" (S. 149). Die Trimondis zeigen, daß diese Denkungsart Nazi-Deutschland, Tibets Lamaismus und Japans Zen-Faschismus gemein haben.

Ein Beispiel ist das vom Dalai Lama geleitete angebliche "Friedensritual" des Kalachakra-Tantra, welches letztendlich darin besteht, daß der Yogi seine gesamten "Körperaggregate" durch ein "inneres Feuer" verbrennt. Eine Selbstdestruktion, die, da sein (des yogischen Gottmenschen) "Energiekörper" die gesamte Welt widerspiegelt, die Vernichtung des Universums mit einschließt (S. 494). Buddhistischer Frieden ist der Frieden von Schlachtfeldern, Leichenkammern und Friedhöfen! Man denke nur an die Geringschätzung des Lebens im japanischen Bushido ("der Weg der Ritter") und seinem buddhistisch begründeten Todeskult: die Suche nach einem "schönen Tod". Die Trimondis schreiben dazu: "Das Sterben wird als solches - ohne daß man sich hier Gedanken über irgendein Weiterleben nach dem Tode macht - zu einer Paradieserfahrung" (S. 182). Der Tod selbst wird zum Ziel. Im Zusammenhang mit dem, wie es die Trimondis nennen, "buddhistischen Todeskult" sprach der bereits erwähnte faschistische Zen-Philosoph Suzuki (bekannt durch seine Zusammenarbeit mit, ausgerechnet, Erich Fromm) z.B. von der "Herzensfreude im Augenblick des Todes", die den vom Geiste des Bushido beseelten groß-japanischen Soldaten überkomme (S. 197f).

Das Problematische am Buch der Trimondis ist ihr "ethischer" Ansatz. Wenn sie etwa am Ende des Kapitels über "Zen-Buddhismus und NS-Faschismus" folgenden Kommentar einschieben: "Ethos und Gefühl - das sind die beiden Elemente der condition humaine, auf die der Zen-Buddhismus keine humanistisch befriedigende Antwort hat. Ethische Fragen betreffen nicht den Kern dieser Religionsrichtung, die eine Technik des Geistes ist, eine Technik, deren Hauptziel in der absoluten Beherrschung, ja Unterdrückung aller Gefühle besteht. Das kann zu einer seelischen Abstumpfung bis hin zu einer Automatisierung führen und deswegen Strukturen fördern, die auf der politischen Ebene immer wieder den Kontakt zu faschistischen Strömungen sucht. Deswegen muß eine Debatte über 'Zen und Faschismus' nicht nur historisch geführt werden und ist auch damit nicht beendet, wenn sich Zen-Schüler von der faschistischen Vergangenheit ihrer 'Patriarchen' und Meister distanzieren. Es bedarf vielmehr einer Kerndiskussion, die, wenn sie reformatorischen Charakter haben soll, den Zen fest in ein humanpolitisches Wertesystem einbindet. In der Tat hat Dürckheim einen solchen Weg nach außen hin proklamiert. Bei einer genaueren Hinsicht auf sein Leben und auf seine Philosophie wird jedoch deutlich, daß sich hier die alte Lehre nur ein modernes Gewand umgelegt hat" (S. 213).

Die Widersprüchlichkeit ist offensichtlich: Yoga (in diesem Fall in seiner japanischen Form), also die Unterjochung der Gefühle, soll seinerseits "humanistisch", bzw. "humanpolitisch" (?!) eingebunden (unterjocht) werden - was, wie der Fall Dürckheim zeigt, ohnehin nicht trägt.... Wenn ich die Trimondis richtig verstanden habe, wollen sie gegen die "Ethik des Kriegers", wie sie etwa von Evola vertreten wird, eine "Ethik der Menschlichkeit" setzen (S. 249). Sozusagen gegen den Yoga der Nazis und des Ostens einen "Yoga" des Westens mobilisieren.

Heißt das, dass wir jedwede Ethik (auf gut Deutsch "Sittlichkeit") verneinen? Leben ist Lust, weshalb jede Sittlichkeit, die die Lust verneint (was jede Sittlichkeit tut, sonst wäre sie keine!), gegen das Leben gerichtet ist. "Ethik", die doch angeblich das Leben schützen will, ist ein Widerspruch in sich selbst. Mit ihrer nekrophilen, massenmörderischen "Pflichtethik" machen dies der "Karma-Yoga" Indiens, der "Kriegsbuddhismus" Tibets und das Bushido Japans deutlich. Die Trimondis sehen wohl, daß die natürlichen Gefühle aus der Unterjochung und "Entlüstung" befreit werden müssen, doch wenn sie inkonsequenterweise gleichzeitig eine "ethische" Einbindung dieser Entlüstungstechniken fordern, sabotieren sie ihre eigene so unglaublich wichtige Aufklärungsarbeit. Statt auf die lebendigen weichen Gefühle zu vertrauen, machen auch sie die natürlichen Individuen zu bloßen Gefäßen für irgendwelche künstlichen, toten, harten "humanpolitischen" Ideen.

Entsprechend liegt ein weiteres Problem darin, daß sich die Trimondis mit ihrem "Humanismus" in dem Sinne ins Unrecht setzen, daß sie nirgendwo den (wenn auch tragisch selbstwidersprüchlichen) biologischen Impetus der Faschisten sehen; die "gescheiterte biologische Revolution" der Faschisten, ihre Rebellion gegen einen alles erstickenden unmenschlichen Humanismus. Eine "Rebellion gegen die moderne Welt", die in der "antibürgerliche" bzw. "antipriesterlichen" Attitüde von Nationalsozialismus und Faschismus, aber auch in den westlichen Ausprägungen von Kshatriya-Ideologie, Tantrismus und "Zenismus" zum Ausdruck kommt. (Siehe dazu auch meine Ausführungen in Der Blaue Faschismus.)




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